Der allgemeine Arbeitsmarkt - für viele unerreichbar

Erwerbsarbeit als Recht auf Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigung

Die Politik und fast alle Branchen der Wirtschaft beklagen ihn: den zunehmenden Mangel an Fach- und Arbeitskräften, an Mitarbeitenden. Eine Ressource wird aber trotzdem nicht angezapft: Die Arbeitskraft von Millionen Menschen mit anerkannter Behinderung oder psychischer Erkrankung in Deutschland. Deren Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt bleibt so weiter weitgehend versperrt. Was geschehen muss, damit sich das ändert.

Wer arbeitet, gehört dazu. Das gilt insbesondere in einer Gesellschaft wie der unsrigen, in der Begriffe wie „Anstrengung“, „Fleiß“ und „Leistungsbereitschaft“ nicht erst seit der erneuten Übernahme der Regierungstätigkeit durch Schwarz-Rot, aber seitdem wieder verstärkt, Hochkonjunktur zu erfahren scheinen. Ein Ausdruck auch dessen, wie wichtig es ist, einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können.

Diese gesellschaftliche Dimension auf das Thema Arbeit ist aber nur eine Seite der Medaille. Einer Arbeit nachzugehen und für sie angemessen entlohnt zu werden, ist für die meisten Menschen schlicht auch sinnstiftend, erfüllend und damit ein wichtiger Baustein, um glücklich und gesund zu bleiben. Arbeit ist so bestenfalls Ausdruck von gleichberechtigter Teilhabe an der Gesellschaft. Sie verschafft Anerkennung, sie mehrt das Selbstwertgefühl und ermöglicht (hoffentlich) finanzielle Unabhängigkeit.

Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung den Zugang zur Arbeitswelt zu ermöglichen, hat sich Deutschland mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention schon vor mehr als 15 Jahren verpflichtet. In Artikel 27 der UN-BRK heißt es: „Die Vertragsstaaten erkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderung auf Arbeit an; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderung zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird.“

Doch zwischen diesem ratifizierten Rechtsanspruch und der gelebten Praxis klafft – wie so oft im Teilhaberecht – noch immer eine gewaltige Kluft. Auch das seit 2018 stufenweise eingeführte Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat daran bislang nicht viel verändern können – auch mit neu eingeführten Maßnahmen wie dem „Budget für Arbeit“ oder den Angeboten der so genannten „Anderen Leistungsanbieter“ nicht.

Im Fazit, das die Verantwortlichen des Projekts „Jobinklusive“ ziehen, hinter dem der Aktivist:innen-Verein Sozialhelden e.V. um Raúl Krauthausen steht, kommt so auf der Website des Projekts ein großes Maß an Unverständnis zum Ausdruck. Unverständnis und Ungeduld darüber nämlich, dass es nach wie vor noch immer nur etwa einem Prozent der rund 300 000 Menschen, die heute in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten, gelingt, den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen. Die Aktivist:innen wollen das nicht hinnehmen und fordern: „Die Geduld ist bei vielen nun aufgebraucht und Menschen mit Behinderung wollen Taten und Erfolge sehen! Zahlen belegen eher einen Zulauf in Werkstätten für behinderte Menschen, obwohl die Zahl von Menschen mit Behinderung eher abnimmt. Dies läuft konträr zum Inklusionsgedanken.“1

Schwarz-Rot will „Durchlässigkeit verbessern“

Doch vielleicht wird nun ja bald etwas besser. Die neue schwarz-rote Bundesregierung widmet der Inklusion und den Teilhaberechten von Menschen mit Beeinträchtigung, darunter auch explizit dem Recht auf Teilhabe an Arbeit, mit immerhin 33 Zeilen im 144-seitigen Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode ihre Aufmerksamkeit. Sie formuliert auf Seite 21 des Vertrages, was sie gedenkt in punkto „Inklusion“ zu verbessern. Dort heißt es: „Wir setzen uns für eine inklusive Gesellschaft im Sinne der VN-Behindertenrechtskonvention ein, in der Menschen mit Behinderungen ihr Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabeverwirklichen können. (…)“ Die „Aufnahme einer Arbeit für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ werde die Koalition „verstärkt fördern“. Dafür werde die Koalition „die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) mit Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und der Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit besser vernetzen und die Schwerbehindertenvertretungen stärken.“ Die Koalitionäre versprechen darüber hinaus,  „die Durchlässigkeit zwischen beruflicher Rehabilitation, Werkstätten für behinderte Menschen, Inklusionsbetrieben und allgemeinem Arbeitsmarkt und die Zugangssteuerung der Reha-Träger“ zu verbessern. Dabei will die Regierung die WfbM „erhalten und reformieren“ und dafür sorgen, „dass mehr Menschen aus einer Werkstatt auf den Arbeitsmarkt wechseln können“.

Auch die Werkstätten sprechen sich für Veränderungen aus

Soweit die Pläne der neuen Regierung. So oder so ähnlich hat man das auch schon in früheren Koalitionsverträgen wechselnder Regierungen, zuletzt auch der Ampel-Koalition, gelesen. Sieben Jahre lang führte das Arbeits- und Sozialministerium (BMAS) zuletzt der SPD-Sozialpolitiker Hubertus Heil. Zeit genug eigentlich, um etwas zu ändern. Doch passiert ist wenig. Die Weiterentwicklung der Werkstattleistung und die Reform des Entgeltsystems etwa – aktuell erhalten Werkstattbeschäftigte neben einer Grundsicherung durchschnittlich nur etwa 230 Euro pro Monat für ihre erbrachte Arbeitsleistung wurden nicht, wie angekündigt, umgesetzt. Und das, obwohl „eine Studie zum Entgeltsystem in Werkstätten bereits im Herbst 2023 abgeschlossen wurde und ein Aktionsplan des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vorliegt“, kritisierte die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) noch anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember 2024. Die BAG WfbM unterstreicht zugleich, dass die Werkstätten selbst den Reformbedarf sehen und „den Wandel mitgestalten“ wollen, sich „für Veränderungen“ aussprechen. Für diese sei „aber eine Anpassung der derzeitigen gesetzlichen Regelungen erforderlich“.2

Nun übernimmt Heils Parteigenossin Bärbel Bas das BMAS. Und damit bleibt zu hoffen, dass die im Koalitionsvertrag beschriebenen Weichenstellungen auch in der Praxis etwas bewirken werden.

In dieses Hoffnungshorn stoßen auch – und das schon des Längeren – die führenden Leistungserbringerverbände in der Behindertenhilfe. Ihre Kommentierungen und Positionierungen zum Themenbereich Arbeit und Teilhabe im neuen Koalitionsvertrag lassen sich sinngemäß im Appell  zusammenfassen: Die Ankündigungen haben wir vernommen  –  nun kommt bitte ins Handeln!

Der Evangelische Fachverband für Teilhabe (BEB) etwa drückt dies zuletzt im Vorwort seines April-Newsletters so aus: „Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung wurde im Koalitionsvertrag an mehreren Stellen explizit benannt. (…) Besonders begrüßen wir die angekündigte Verbesserung des Budgets für Arbeit. Damit wird eine wichtige Grundlage geschaffen, um mehr Menschen mit Behinderung den Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ebnen. Denn ein inklusiver Arbeitsmarkt kann nur mit engagierten Arbeitgebern funktionieren – und dafür braucht es gute Rahmenbedingungen.“

Und schon nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags am 9. April 2025 bezog der stellv. BeB-Vorstandsvorsitzende Christian Geyer, in einer Pressemitteilung3 Stellung zum Koalitionsvertrag: Der Verband begrüße „verschiedene Pläne, wie die Verbesserung des Budgets für Arbeit, damit Arbeitgeber mehr Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt einstellen“, so Geyer am 15. April. Ein inklusiver Arbeitsmarkt funktioniere nur mit den Arbeitgebern. Hier müssten nun schnell Umsetzungsschritte gegangen werden. Dies gelte ebenso für „den dringend notwendigen Bürokratieabbau in der Eingliederungshilfe“. Denn „tägliche, analoge und kleinteilige Dokumentation sowie die fehlende Möglichkeit in Textform Vereinbarungen abzuschließen und Kostenzusagen zu geben, erschweren die Arbeit der Fachkräfte und verringern die Zeit, den Menschen zu assistieren“. Diese könne man nicht „durch vermeintliche Wirkungskontrolle oder Kennzahlen verbessern, weil wissenschaftlich evidente Standards dafür fehlen. Es ist daher gut, dass die Koalition den Bürokratieabbau in den Blick nimmt.“  

Die Lebenshilfe forderte anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai4, dass die neue Bundesregierung ihre im „Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vorhaben für Menschen mit Behinderung wie etwa Reformen rund ums Arbeitsleben“ zügig angeht und umsetzt. Dabei müssten die Erhöhung des Werkstattentgelts, das Fördern des Arbeitens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und ein attraktiveres Budget für Arbeit im Mittelpunkt stehen. Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Bundesministerin a.D., betonte, dass „die Anliegen behinderter Menschen, die schon in der letzten Legislatur lange beraten und vorbereitet wurden“, jetzt schnell umgesetzt werden sollten. Zum einen hätten die Werkstatt-Beschäftigten eine deutlich höhere Entlohnung für ihre wertvolle Arbeit verdient. „Zum anderen muss für mehr Menschen mit Behinderung der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht werden, auch mit einem verbesserten Budget für Arbeit.“ Wie das gehen kann, habe die Bundesvereinigung Lebenshilfe in einem eigenen Positionspapier zusammengefasst. Von der neuen Ministerin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales „erwarten wir volle Unterstützung, damit die Teilhabe am Arbeitsleben endlich vorangebracht wird“, so Ulla Schmidt. 

Im von Schmidt genannten, bereits im Jahr 2022 von der Lebenshilfe veröffentlichten Positionspapier, formuliert die Organisation zur Erreichung der beiden Kernziele (1. Schaffung inklusiver Arbeit; 2. Entwicklung einer gerechten Entlohnung für Menschen mit Behinderung) neun Kriterien (hier in Auszügen):

  1. Personenzentrierung: (…) „Es darf keinen Unterschied machen, ob die Unterstützungsleistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in einer WfbM, bei einem anderen Anbieter oder in Form einer Arbeitsassistenz auf einem inklusiven Arbeitsplatz geleistet und in Anspruch genommen wird.“
  2. Gleiche Arbeitsrechte: (…) „Aufhebung des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses und damit die Zuerkennung aller Arbeitnehmer:innenrechte für alle Menschen mit Behinderung unabhängig davon, ob sie in einer WfbM oder an einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt sind.“ (…)
  3. Anspruch auf einen Arbeitsplatz: (…) „WfbM oder andere Anbieter sollen in einem inklusiven Arbeitsmarkt eine ausreichende Zahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung stellen“ (…)
  4. Kein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Leistungen: (…) „Die Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. fordert, dass das Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeit für den Zugang zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben künftig entfällt und diese Leistung diskriminierungsfrei allen Menschen mit Behinderung offenstehen“ (…)
  5. Die Kompetenz von Werkstätten nutzen: „Die Bundesvereinigung Lebenshilfe hält eine Weiterentwicklung auch und gerade der Lebenshilfe WfbM zu inklusiven Leistungsanbietern und Kompetenzzentren in einem inklusiven Arbeitsmarkt für den richtigen Weg (…)“
  6. Bildung und Ausbildung stärken: „Es braucht sowohl Angebote, die eine Qualifizierung auf einen konkreten Arbeitsplatz hin anbieten als auch einheitliche (Teil-) Ausbildungen, die sich an den Curricula von anerkannten Ausbildungsberufen orientieren und einen zertifizierten Abschluss bieten. (…)“
  7. Mehr inklusive Arbeitsplätze schaffen: (…) „Die Lebenshilfe sieht neben der öffentlichen Hand als Arbeitgeberin vor allem den sozialen Sektor und auch die Lebenshilfe-Vereine und -Leistungserbringer selbst in der Pflicht, (…) verstärkt Arbeitgeberin für Menschen mit Behinderung und insbesondere aus WfbM zu werden.
  8. Unabhängigkeit von Grundsicherungsleistungen: (…) „Kriterium für eine gelungene Reform [ist], dass Menschen mit Behinderung einen Lohn bzw. eine Lohnersatzleistung erhalten, der bzw. die sie unabhängig von existenzsichernden Leistungen macht.“
  9. Finanzielle Sicherheit auch im Alter: „Auch im Alter sollten Menschen mit Behinderung unabhängig von existenzsichernden Leistungen leben können. (…)“

Auch der Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) hat neben umfangreichen Stellungnahmen zum Thema Teilhabe am Arbeitsleben u.a. bereits 2019 einen griffigen Forderungskatalog unter dem Titel Bundesteilhabegesetz umsetzen: Mission possible! Forderungen zur Teilhabe am Arbeitsleben veröffentlicht, der den Handlungsdruck beschreibt. In ebenfalls neun Forderungen benennt der „CBP-Fachausschuss Teilhabe am Arbeitsleben“ hier Themen, die sich im Zuge der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes ergeben „und die beteiligten Akteure vor große Herausforderungen stellen“, stellen die Verfasser fest. An Aktualität dürften diese Forderungen auch 6 Jahre nach Veröffentlichung angesichts der bekanntlich stotternden Umsetzung des BTHG kaum etwas an Brisanz eingebüßt haben – hier die Schlagworte in der Übersicht:

  • „Anerkennung der Beruflichen Bildung
  • Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Schwerst-
    und Mehrfachbehinderung
  • Gerechtigkeit und Transparenz bei den Arbeitsentgelten in Werkstätten für behinderte Menschen
  • Teilhabeplanverfahren
  • Behandlungspflege in Werkstätten
  • Digitalisierung
  • Wirksamkeit der Leistungen
  • Veränderte Rolle von Mitarbeitenden
  • Partizipation“

Dafür, dass auch Menschen mit komplexer Behinderung, die meist im höchstem Maße von der Teilhabe am Arbeitsleben ausgeschlossen sind, ihr Arbeitsleben selbstbestimmt gestalten können, setzt sich auch der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen (bvkm) ein. Politisch setzt sich der Verband nach eigener Aussage auf seiner Website dafür ein, „dass die Voraussetzungen so gestaltet sind, dass alle Menschen mit ihren Fähigkeiten den für sie passenden Zugang zum Arbeitsleben erhalten und dafür fair entlohnt werden. Dazu zählt vor allem die Abschaffung des in § 219 Abs. 2 SGB IX geregelten Zugangskriteriums, wonach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Erbringung eines ,Mindestmaßes wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung‘ abhängen. In einem auf seiner Website veröffentlichten Eckpunktepapier formuliert der bvkm konkrete Forderungen:

  • „Das Recht auf Arbeit für alle Menschen mit Behinderung zu gewährleisten und deshalb das in § 219 Abs. 2 SGB IX geregelte Zugangskriterium abzuschaffen,
  • den Übergang von der Schule auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch eine nachhaltige Weiterentwicklung der beruflichen Bildung und Ausbildung zu verbessern, die inklusiv ist und allen Menschen mit Behinderung möglichst viele Chancen eröffnet,
  • die Möglichkeiten zum Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für WfbM-Beschäftigte durch den Abbau von Hemmnissen und die Schaffung von mehr inklusiven Arbeitsplätzen auszubauen,
  • sicherzustellen, dass WfbM-Beschäftigte ein Entgelt erhalten, dass sie mindestens unabhängig von Leistungen der Grundsicherung macht.“5

Auch der Beauftragte der Bunderegierung für die Belange von Menschen mit Behinderung der 19. und 20. Legislaturperiode, Jürgen Dusel, hat den Handlungsdruck beim Thema Arbeit als Teilhabechance wiederholt unterstrichen. In einem Beitrag auf der Homepage des Beauftragten appellierte er an die Unternehmen des ersten Arbeitsmarkts mehr Engagement zu zeigen. Die Unternehme, heißt es dort, seien „heute mehr denn je gut beraten, alle Potenziale zu nutzen und mehr Menschen mit Beeinträchtigungen einzustellen. Denn während die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter zumindest bis zum Pandemiebeginn 2020 Rekorde schrieb und viele Arbeitgeber bereits händeringend Fachkräfte suchen, liegt der Anteil der beschäftigungspflichtigen Unternehmen, die keine einzige schwerbehinderte Person oder ihr gleichgestellte Arbeitskraft beschäftigen, seit Jahren unverändert bei rund 25 Prozent.“ Dusel forderte daher einen zusätzlichen, signifikant höheren Staffelbetrag bei der Ausgleichsabgabe für die Unternehmen, die vollständig gegen die Beschäftigungspflicht verstoßen und keinen einzigen Menschen mit Behinderung einstellen.

Doch müssten die Unternehmen auch bessere Unterstützung erfahren, so der Beauftragte. So erschwerten etwa verschiedene Zuständigkeiten mit teils unübersichtlichen Förderprogrammen und langen Bearbeitungszeiten die Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Deshalb brauchten Arbeitgeber zentrale Ansprechstellen, die beraten, unterstützen und beschäftigungsfördernde Leistungen „wie aus einer Hand“ koordinieren können.6

Hürden abbauen – Potenziale nutzen

Nun gilt es, den neuen politischen Akteuren und Entscheidern etwas Zeit zu geben. Gleichzeitig gilt es für Verbände, Interessensvertretungen und Aktivist:innen aufmerksam zu bleiben, zu analysieren und zu kommentieren, ob und was die neue Regierung dann hoffentlich möglichst schnell von dem umsetzt, was sie angekündigt hat. Schwarz-Rot will einen gewichtigen Fokus auf die Wirtschaft, auf Beschäftigung und auf die Sicherung des Wohlstands legen, wenn sie von „Verantwortung für Deutschland“ spricht. Dabei sollte auch das Potenzial, das Menschen mit Behinderung zur Wertschöpfung beitragen können, endlich genutzt werden. Und folgerichtig die Barrieren des Zugangs zum allgemeinen Arbeitsmarkt sukzessive abgebaut werden. Zumindest mit dem Abbau beginnen. Das wär‘ doch schon ein Fortschritt!

Aus der BeWoPlaner-Redaktion
Autor: Darren Klingbeil
Foto: Adobe Stock